Heute bin ich genau 12 Wochen im Homeoffice. Seit 12 Wochen sehe ich meine Kollegen nur über kleine Bildschirme auf meinem Screen. Ein bisschen so, als wäre ich vor 12 Wochen ins All geschossen worden und würde da jetzt so rumdümpeln. Nur halt ohne All.
Bisher konnte ich mich eigentlich nicht beklagen. In den letzten 12 Wochen war ich super viel laufen, habe mehr Bücher gelesen als im gesamten Vorjahr zusammen, bin umgezogen und auch sonst hielt sich meine Frustration über die Situation in Grenzen. Check Your Privileges. Immerhin habe ich Arbeit, immerhin habe ich einen Garten, immerhin wohne ich so nah am Feld, dass ich mir jeden Tag frische Blumen pflücken kann. Ich habe keine Kinder, die ich nebenbei betreuen muss. Ich bin technisch so afin, dass es kein Problem ist mit allen Freunden in Kontakt zu bleiben und freitagabends gemeinsam zu süppeln, als wäre eben nicht Pandemie. Und am wichtigsten: Alle meine Lieben sind gesund.
Aber: Heute ist der erste Tag an dem ich wirklich keinen Bock mehr habe. Ich hab keinen Bock mehr auf Abstandsregeln, ich hab keinen Bock auf Alternativkonzerte, ich hab keinen Bock auf kleine Bildschirme aus denen mir mal mehr mal weniger verpixelt meine Freunde winken. Ich hab keinen Bock mehr auf Puzzeln. Ich habe keinen Bock mehr auf Almans, die nach Urlaub skandieren, als wäre ein Ballermann-Verbot sowas Ähnliches wie eine Todesstrafe.
Und so sehr ich alle kreativen Lösungsansätze schätze und die Möglichkeiten bewundere, die geschaffen werden, will ich doch nur eins: Normalität. Umarmungen. Küchendates. Beieinandersitzen ohne zu überlegen, wie nah. Tanzveranstaltungen. Kneipenabende. In einen Zug nach Berlin steigen. In einen Zug nach Hamburg steigen. In irgendeinen beschissenen Zug steigen. So tuen als wolle ich ins Fitti gehen und dann doch nicht gehen. Kantine und Hofrunde.
Und dann sehe ich alle die Leute, denen die Pandemie mittlerweile egal ist. Die so tuen, als wäre doch jetzt alles gut und ich möchte ihnen gerne entgegen rufen, dass einen Scheiß alles gut ist. Mit Mundschutz und 1,5m Abstand ist nichts gut, Hans-Dieter. Ich habe auch keine Lust mehr mich zu rechtfertigen. Zu erklären, warum ich es nicht cool finde, wenn man sich zu zehnt trifft. Denn egal, wie sehr mich die Abstandsregeln annerven, ich halte sie einfach für wichtig und richtig. Ich hab keinen Bock mehr, die Social Media-Kanäle zu öffnen und überall ist nur Covid-19. Und ich wollte auch eigentlich auch hier keinen Platz dafür machen.
Aber: Heute habe ich die Nase einfach voll. Da reicht auch meine 10km Laufrunde nicht um den Kopf frei zu kriegen. Lol 10km Laufen. Als wollte ich jemals so ein Mensch werden.
Und für alle, die jetzt denken: Die stellt sich aber auch an.
Ja, heute stelle ich mich an.
Und für all die anderen: Ihr fehlt mir.
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